Gedanken zu Wolfgangs Arbeit

Grundsätzliches

- Leben und Tod, vorher, nachher, oben und unten
- Zustandsformen nach dem Tod und vor dem Leben, aus Zeitenjenseits der Bewußtseins, unerklärlich und geheimnisvoll
- Die Religionen versuche sich an derartigem
- Gedanken an Konzentrationslager, an die Vermassung des Todes Todesmaschinerie, Entpersönlichung;
- immer wieder Deformationen der menschlichen Erscheinungsform,
- unscharfe Abbildungen der "Opfer", durch Verwesung langsam die Formen verlierend,
- die Täter bleiben ungenannt, unerkannt, noch mehr im Verborgenen als die Opfer;
- Vor dem Leben: Assoziationen an Embryonen, eher noch an Föten
- Abtreibungskliniken, auch hier unbekannte, entpersönlichte Schicksale, deformiert oder konturlos, aber auch penibel registriert
- Undefinierbares Grauen aber auch Trost: Beschäftigung mit der Vergänglichkeit schließt auf für die Bejahung des Lebens
- Distanz zu konkreten Zeitproblemen, vielmehr: Orientierung an übergeordneten Dimensionen des Daseins
- Keine Lösungsvorschläge

  Ziele

- Die unergründlichen Tiefen der menschlichen Existenz ausloten ohne Pathos oder vordergründige Schockerlebnisse;
- keine moralische Absicht erkennbar, auch nichts Belehrendes,
vielleicht eine Art von Botschaften, die der Beschauer dechiffrieren muß, der Schlüssen dafür stellt sich in ihm her oder auch nicht
- den Betrachter an eine geistig-emotionale Auseinandersetzung mit dem Material heranführen, ihn berühren, ihn berühren, verstören, beunruhigen
- Den Betrachter in einen atmosphärischen Zustand versetzen, der ihn aufschließt für eine ganz subjektive Begegnung mit dem Werk

Fotos

 
- Christus aus rohem Holz, Arme weggeschleudert wie durch eine Explosion, zerrissen durch Leid und Qual
- Metallköpfe in der Kiste, ungeordnete Masse, homogen, dunkel, nur die Oberfläche zeigt sich
- Metallköpfe ausgelegt präsentiert, ja registriert, beinahe klinisch, emotionslos, wie im Schauhaus, geordnet, saubere akribische deutsche Arbeit
- Wachsköpfe, Kinderköpfe, deformiert, hohl, leere Hülle, Inneres herausoperiert, seziert, keimfrei gemacht; Erinnerung an die Methode, Tierköpfe, Geweihe von Ameinsen entbeinen zu lassen
  
  Wolfgang van Elst

Geboren und aufgewachsen in Unterammergau, unweit des umtriebigen Passionsspielortes, in einem immer enger werdenden Tal, das ohne Ausgang scheint. Die Holzschnitzerei ist hier seit Jahrhunderten zu Haues; heut vielfach verkümmert zur geglätteten Auftragkunst, am Massengeschmack orientiert, für den MAssenkonsum tausendfach reproduziert. Radikaler künstlerischer Individualismus entsteht dennoch oder gerade deswegen.

Die Arbeit

Visionen vom Leben und vom Tod in den Grenzbereichen des Bewußtseins, Assoziationen zu konkreten Zeitproblemen sind möglich, aber nicht beabsichtigt.

Der Mensch in seiner Doppelgesichtigkeit: In der anonymen Masse schicksalhaft zusammengeworfen, wird der einzelne namenlos und bleibt dennoch unverwechselbar Individuum.

Gesichter werden angedeutet, sie bleiben unstrukturiert und konturlos, aber lebendig und formbar. Jedes für sich beschreibt einen unverwechselbaren Typus. Die Außenwelt zwingt den Individuen Ordnung auf: Sie werden zur amorphen Masse oder - im Gegenteil - voneinander isoliert, aufgereiht, akribisch registriert.

Der deformierte, entpersönlichte, geschundene Mensch existiert und funktioniert in äußerlich klar strukturierten, klinisch suaberen Räumen. Die "Masse Mensch" erfüllt insofern eine politische Funktion.
  Das Material

Natürliche Stoffe sind lebendig, warm, rauh, formbar, weich. Soe setzen sich auseinander mit industriell gefertigten, kalten, glatten, sterilen, leblosen Materialien.

Der Raum

Der Raum beeinflußt das Denken, er lenkt die Interpretation. Das Bild, das im Betrachter entsteht, wirkt wiederum auf den Raum zurück und verändert ihn

Der Betrachter

Er ist aufgefordert, Botschaften aus den Tiefen der menschlichen Existenz zu dechiffrieren. Den Schlüssel dazu stellt er selbst her.

Die Deformationen der menschlichen Erscheinungsform lösen in ihm undefinierbare Irritationen aus und führen dazu, daß er selbst kreativer Faktor wird.

Einflüsse, die tagtäglich auf jeden Betrachter spezfisch einwirken, formen in ihm ein individuelles Bild des Betrachteten.
 

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